Christiane Möbus
Wildwechsel
Kuratorenführung
Die Kindheit von Christiane Möbus war begleitet von unzähligen Erzählungen über die Vergangenheit ihrer Familie im Odergebiet. Sie rankten sich um eine alte Ziegelei im Besitz der Urgroßmutter, den Großonkel mit der Goldmine, um den Großvater, der Lehrer in Quappendorf gewesen war und viele andere. Für Christiane Möbus waren dies Geschichten aus einer unbekannten Ferne — die Familie wurde zum Ende des Zweiten Weltkriegs vertrieben und flüchtete in das Gebiet des heutigen Niedersachsens, die Nachkriegssituation machte eine Rückkehr an die Oder unmöglich.
Auch nach über sieben Jahrzehnten lässt Christiane Möbus diese Vergangenheit nicht los. Für diese innere Verbindung zu einem ihr eigentlich fremden Ort findet sie das Bild des Wildwechsels. In der Biologie beschreibt ein Wildwechsel einen von Tieren häufig genutzten Weg, dessen Zurücklegen ein fast schon instinktiver Drang ist. Möbus sieht in diesem, aus dem Unterbewusstsein kommenden Bedürfnis, sich dem zuzuwenden, von dem man getrennt ist, Parallelen zu menschlichem Verhalten, besonders dann, wenn Familien von ihrer Heimat durch Grenzen gewaltsam getrennt werden.
In ihren Objekten und Fotografien erschafft Christiane Möbus eindrückliche Bilder als Chiffren ihrer Vergangenheits- und Familienbeziehungen. Die in der Ausstellung präsentierten Arbeiten sind manchmal poetisch, manchmal nüchtern, manchmal melancholisch und oft voller Witz. Sie schaffen für die Betrachterinnen und Betrachter den Resonanzboden für eigene Assoziationen über Herkunft und Familie.
Der Kurator der Ausstellung Simon Häuser führt durch die Schau und spricht über die Künstlerin, die ausgestellten Werke und Christiane Möbus‘ künstlerische Annäherung an ihre eigene Vergangenheit.